19.11.2014

Fachtagung: "Kinderunfallprävention für die Praxis“

Sicherheitsbotschaften anschaulich und wirkungsvoll vermitteln

Fachtagung: "Kinderunfallprävention für die Praxis“

"Sicherheitsbotschaften werden besser
verstanden und Verhaltensänderungen
nachhaltiger erreicht, wenn bei denjenigen,
an die sich Präventionsmaßnahmen richten,
alle Sinne aktiv angesprochen werden.“
 

 

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e.V. hat am 19.11.2014 in Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinderchirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin die Fachtagung „Kinderunfallprävention für die Praxis – Sicherheitsbotschaften anschaulich und wirkungsvoll vermitteln“ veranstaltet.

Die Konferenz richtete sich an Fachkräfte aus dem Gesundheits-, Bildungs- und Jugendbereich, die erlebten, wie Kinderunfallprävention „für alle Sinne“ Zielgruppen effektiv erreichen kann. Damit die Sicherheitsbotschaften zum Beispiel bei jungen Eltern ankommen, ist es wichtig, dass sie attraktiv und ohne viele Worte kommuniziert werden. So konnten Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung „Riesenküche – die Welt durch Kinderaugen sehen“ nachempfinden, welchen Gefahren Kinder an bestimmten Orten ausgesetzt sind. Ein Markt der Möglichkeiten mit Rauchhaus und Kinderkursen, Vorträge und Bildberichte über die „Bärenburg“, den „Giftgarten“ und die „Teddyklinik“ zeigten die bunten und zugleich effektiven Möglichkeiten einer lebendigen Unfallprävention.

Dr. Stefanie Märzheuser, Präsidentin der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e.V. begrüßte die Berliner Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner, Carolin Sobiech von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Prof. Dr. Karin Rothe, Direktorin der Klinik für Kinderchirurgie der Charité Universitätsmedizin vor 100 Fachbesucherinnen und -besuchern zu einem hochkarätigen Programm.

Die Vorträge belegten eindrücklich, dass es eine Fülle wirksamer Handlungsstrategien zur Prävention von Kinderunfällen gibt. Dabei spielen die Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaften eine zunehmend wichtige Rolle, um die Risikogruppen für schwere Unfälle – kleine Kinder und Kinder aus sozial benachteiligten Familien – zu erreichen. Martina Abel, Geschäftsführerin der BAG zog das Fazit, dass die Praktiker keine Angst vor Qualitätsanforderungen haben müssen. Sie können auf erprobte Interventionen zurückgreifen, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist. Ebenso gibt es ein großes Repertoire an Models of good practice, klare Maßgaben für Qualität und viele engagierte Kooperationspartner. Die Deutsche Kinderhilfe e.V. ermöglichte mithilfe einer Spende, dass die Riesenküche in der Berliner Charité während der Fachtagung gezeigt werden konnte.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) förderte die Veranstaltung als Sammlung positiver Beispiele, wie Gesundheitsförderung qualitätsgesichert und orientiert an den Lebenswelten junger Familien umzusetzen ist. 

 

Unfälle sind bei Kindern in Deutschland die häufigste Todesursache und der zweithäufigste Grund für einen Arztbesuch. Im häuslichen Bereich ist der Handlungsbedarf besonders hoch, denn die Zahl schwerer Unfälle von Säuglingen und Kleinkindern steigt. Die persönliche Informationsvermittlung an Eltern über Gefahren und Schutzvorkehrungen führt nachweislich dazu, häusliche Unfälle bei Kindern zu verhindern.

Aspekte der zielgruppengerechten Ansprache in den Lebenswelten der Familien, die zur Kinderunfallprävention befähigt werden sollen, waren und sind bei vielen Projekten maßgeblicher Bestandteil. Gerade die wirksame Kommunikation ist ein Eckpfeiler erfolgreicher Prävention und Gesundheitsförderung. Dabei kann die Qualität und die Art der Kommunikation – also die Frage, wie Sicherheitsbotschaften vermittelt werden – maßgeblich über die Veränderung von Wissen, Einstellungen und Verhalten entscheiden.

  • Wie also kann man Kindersicherheit vermitteln, lernen und umsetzen?
  • Wie gelingt Kommunikation mit sozial benachteiligten Familien, welche Didaktik funktioniert und welche Ideen sind hilfreich?
  • Wie können Lebensweltbezug, Zielgruppengerechtigkeit und Qualitätssicherung in diesen Kommunikationsprozessen von Anfang an integriert werden?

Mithilfe der Fachtagung soll der Hypothese, dass Präventionsinhalte durch persönliche Erfahrung, durch Mitmachen, Ausprobieren und Anfassen, besser verstanden und in den eigenen Alltag übertragbar sind, nachgegangen werden. Gemeinsam mit ihren Mitgliedsorganisationen und Kooperationspartnern aus den Lebenswelten junger Familien stellt die BAG Beispiele vor, wie Kinderunfallprävention – vor allem mit ergänzenden Methoden zu verbaler Kommunikation – wirksam und qualitätsorientiert umgesetzt werden kann.

Ziel der Veranstaltung ist

  • die Sensibilisierung von Fachpersonen für Qualitätsentwicklung in der Kinderunfallprävention
  • der Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Maßnahmen zur Kinderunfallprävention
  • die Präsentation und Diskussion von praktischen Maßnahmen und Medien mit dem Fokus auf gezielte und effektive Kommunikation
  • die Vorstellung von Kriterien und Prozessen zur Qualitätssicherung
  • die Motivierung der Besucherinnen und Besucher zum Einsatz von Qualitätsverfahren
  • der Transfer erfolgreicher Modelle in die Praxis.

Maßnahmen zur Kinderunfallprävention - Wir können das
In der Kindersicherheitsarbeit sind viele selbstbewusste, erfahrene Fachpersonen mit Querschnittsdenken und ohne Berührungsängste vertreten. Es gibt zahlreiche gute Projekte, die beispielgebend, ermutigend und praxiserprobt sind. Die bestehenden Maßnahmen sind durchaus auch auf sozial benachteiligte Zielgruppen zugeschnitten. Als Informationsplattform und Vernetzungsinstrument steht die Fachdatenbank www.bzga.de/kindersicherheit zur Verfügung.

Gute Instrumente - Keine Angst vor Qualität
Die in der Kindersicherheit tätigen Fachkräfte können auf bewährte Qualitätssicherungsverfahren zurückgreifen. In den Tagungsbeiträgen wurden folgende nutzbare Ansätze angesprochen:


Zusammenarbeit und Empowerment - Menschen mit Menschen
Kindersicherheit ist eine Querschnittsaufgabe – deshalb ist es besonders wichtig, dass die Kooperation der unterschiedlichen Bereiche in Theorie und Praxis gut funktioniert.
Zusammenarbeit, Vernetzung, Informationstransfer und Transparenz haben genauso wie Zielgruppengerechtigkeit, Empowerment und Partizipation damit zu tun, dass Menschen offen, fair und zugewandt mit anderen umgehen – seien es Kooperationspartner, Kolleginnen und Kollegen, Schlüsselpersonen oder Adressatinnen und Adressaten von Maßnahmen.
Die European Child Safety Alliance hat in ihrem Projekt „TACTICS“ Gelingensfaktoren für erfolgreiche Kinderunfallprävention herausgearbeitet, wobei die ersten drei genau diese Punkte herausheben:

  • Klare Leitung und Regiefunktion
  • Koordination und Zusammenarbeit
  • Fachkompetenz
  • Finanzielle Absicherung
  • Verfügbare Daten
  • Zielführende Präventionsstrategien
  • Förderliche Rahmenbedingungen und Settings
  • Sichtbarkeit

Die Tagung hat die Teilnehmenden ermutigt, sich qualitätsgestützt weiter für Kindersicherheit zu engagieren. Die gezeigten Praxisbeispiele haben zum Nachdenken und Nachmachen angeregt und kreative Ansätze in die Breite getragen. Sie hat am Beispiel der Kinderunfallprävention gezeigt, dass Gesundheitsförderung in Lebenswelten auch methodisch-didaktisch noch viel Entwicklungspotenzial hat. Qualitätsentwicklung spielt dabei Impuls gebende Rolle.